Aus der Praxis
Konflikte entstehen gerne durch Missverständnisse, die sich mitunter aus kulturellen Unterschieden ergeben. Bei einem vor kurzem moderierten Konfliktgespräch für die ÖWG durften wir die wunderbare Auflösung eines kulturellen Missverständnisses miterleben.
Das Thema des Konflikts war wie so oft Lärm, der von einem Nachbarn übermäßig störend wahrgenommen wurde. Die vermeintlichen Verursacher:innen aus der darüber liegenden Wohnung konnten im Gespräch glaubhaft versichern, nicht die Lärmquelle zu sein. Trotz der Expertise des Hausverwalters über die Bauweise, Schallübertragungen etc. war der Beschwerdeführer nicht bereit, an einer Lösung zur Lokalisierung der Verursacherwohnung mitzuwirken.
Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer anfangs bei den ersten Malen der Lärmstörungen an der Wohnungstür der darüberliegenden Wohnung anläutete und um Ruhe bat. Das Gespräch mit der Nachbarin war kurz und bündig und dem Beschwerdeführer wurde die Türe „vor der Nase“ zugemacht. In seiner Kultur würde man so etwas niemals machen, sondern ganz im Gegenteil würde man den Nachbarn immer hereinbitten und etwas zu Trinken und zu Essen anbieten. Das hat den Beschwerdeführer so gekränkt, dass keine Gesprächsbasis mit den Nachbarn mehr möglich war. Erst, als diese Begebenheit im Konfliktgespräch angesprochen wurde und sich die Nachbarin aufrichtig dafür entschuldigte, konnte an einer gemeinsamen Lösungsfindung gearbeitet werden.
Als wir nach dem Konfliktgespräch in unser Auto stiegen, kamen uns die beiden Konfliktparteien sich angeregt unterhaltend entgegen. Auf unsere Frage, ob wir sie irgendwohin mitnehmen können, lehnten sie dankend ab. Sie fuhren gemeinsam im Auto des ehemaligen Beschwerdeführers nach Hause!
Leider kam es wenige Tage später wieder zum Konflikt, als es wiederholt laut war und die Nachbarin dem Beschwerdeführer vermeintlich die Wohnungstür nicht öffnete. Zudem konnte sie ihm später im Gespräch nicht glaubhaft machen, dass sie schon geschlafen hätte. Erst, als der Beschwerdeführer bei der nächsten Ruhestörung die Lärmquelle in einer anderen Wohnung feststellen konnte, war ihm klar, dass er seine Nachbarin die ganze Zeit über zu unrecht beschuldigt hat. Daraufhin hat er sich bei seiner Nachbarin für alle Missverständnisse entschuldigt und der Konflikt war endgültig gelöst.